Kampf um die Medien - Mobilisierungspotenziale sind wichtig, 29.03.2015: 

Öffentlich-rechtliche Sender reformieren oder eine alternative Öffentlichkeit etablieren?

habe den Artikel "MinisterpräsidentInnen einigen sich auf ZDF-Staatsvertrag" gelesen. Ein großer Wurf ist dieser Vertrag nicht. Die entscheidenden Fragen für die publikumsrat.de-Aktiven in dieser Situation m.E. sind:

  • Wie geht man damit um?
  • Was können die Rundfunkbeitragszahlerinnen und Rundfunkbeitragszahler machen, um positive Veränderungen in der Medienlandschaft zu erreichen?

Ich sehe hier zwei Handlungsoptionen, die einerseits einander nicht ausschließen und immer wieder einander verstärken, voneinander profitieren können, andererseits haben beide Handlungsoptionen bis jetzt keine überzeugende Erfolge erzielt, weil die Ressourcen:

  • Unterstützer-Power, Unterstützer-know-how
  • Zeit, Engagement, die Unterstützer für die publikumsrat.de-Sache aufbringen können

begrenzt sind. Die zwei Handlungsptionen sind m.E.:

  1. entweder die Zeit in die Verbesserung, Reformierung der existierenden Strukturen des aus den Rundfunkbeiträgen finanzierten öffentlich-rechtlichen Medien inkl. Fernseh-, Hörfunk-, Publikumsräte investieren
  2. oder die vielfältigen Möglichkeiten der neuen Medien nutzen, um gezielt eine alternative Öffentlichkeit zu etablieren und mittelfristig die Finanzierung von Strukturen, inkl. technische Infrastruktur dieser alternativen Öffentlichkeit aus den Rundfunkbeiträgen zu erreichen.

Verantwortung übernehmen und tragen

[1] „All Gizah Pyramids“ von Ricardo Liberato - All Gizah Pyramids. Lizenziert unter CC BY-SA 2.0 über Wikimedia Commons
[2] „Camponotus sideview 2“ von Richard Bartz, Munich Makro Freak - Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 2.5 über Wikimedia Commons.
[3] Abgeleitet von den Bildern von Benjah-bmm27 - Own work. Licensed under Public Domain via Wikimedia Commons

Ob nun die Handlungsoption 1. oder 2. - beides ist mit einer mühseligen kleinteiligen Arbeit verbunden - s. auch als Beispiel mein Schreiben [2] "Warum die Medien für die Gewaltexzesse während der EZB-Eröffnung mitverantwortlich sind? vom 22.03.2015 an die SPD-Landesverbände. Auf dem Bild rechts repräsentieren die Pyramiden veraltete verkrustete unbewegliche Strukturen der alten Medienlandschaft und die bunte Konstrukte rechts die neue entstehenden Medienangebote. Diese neue Angebote können Angebote der öffentlich-rechtlichen oder freier Sender sein.

Ich bin fest davon überzeugt, dass es wichtig ist, Mittel und Wege zu finden, um:

  • den Entscheidern:
    • in den ÖR-Anstalten
    • in den Publikumsgremien
    • in den Parteien, die de facto in den Publikumsgremien einen Einfluss haben
    • in den Vereinen, Verbänden der Zivilgesellschaft
  • dem Publikum, die Rundfunkbeitragszahlerinnen und Rundfunkbeitragszahler

ständig einen Spiegel vorzuhalten, diese Entscheider sowie Rundfunkbeitragszahlerinnen und Rundfunkbeitragszahler an die Versprechen, Verträge erinnern, sich nicht auf Lippenbekenntnisse zu beschränken, sondern die Verantwortung zu übernehmen und zu tragen.

Wo ich mit den Machern der neuen Medienordnung einer Meinung bin:

  • die Bedeutung von Strukturen - sprich Gremien - auch die Bedeutung von staatlichen Strukturen - nimmt ab
  • die Bedeutung von Prozessen - wie flexibel, schnell, effizient die jeweilige Interessengruppen im Stande sind, sich zu organisieren, Konsens herbeizuführen, Entscheidungen zu treffen und diese Entscheidungen umzusetzen - nimmt zu. Diese prozess- und  ergebnisorientierte Arbeitsweise wird z.Zt. von den Bundesbehörden, den Akteuren des öffentlich-rechtlichen und des privaten Rundfunks überzeugend in der Praxis angewendet in dem die o.g. Akteure ohne viel Aufsehen die in [3] genannten Handlungsoptionen verwirklichen, machen s.g. Nägel mit Köpfen. Wobei höchstwahrscheinlich die in [3] genannte Lösungswege, Verfahrensweisen gewählt werden, bei den die Entscheidungen in bürokratischen Strukturen oder ausgelagerten Gremien und nicht vom Gesetzgeber getroffen werden - sprich ohne viel Aufsehen, ohne öffentliche Kontrolle.

Darauf basierend meine Prognose: Ob nun die verstaubten Strukturen der etablierten Parteien und des ÖR-Rundfunks die Oberhand gewinnen oder neue zeitgemäße den Interessen aller Rundfunkbeitragszahlerinnen und Rundfunkbeitragszahler entsprechende Medienlandschaft sich etabliert, hängt davon ab, wer es schafft eine bessere organisatorische Leistung abzuliefern, wer fähig ist, die Arbeitsweise den ständig und rasch ändernden Rahmenbedingungen anzupassen.

Veränderungen wecken Ängste

Die Ängste dem Fremden gegenüber, genau genommen den Veränderungen gegenüber, sind in Deutschland und in Europa zur Zeit an der Tagesordnung - und das ziemlich plakativ:

Beunruhigend ist, dass immer wieder die Außenwelt - die Mitmenschen aus einem anderem Kulturkreis, das Internet, die Netzgemeinde für diese Ängste verantwortlich gemacht werden. Und die Verrohung der Sitten ist bedauerlicherweise ausgerechnet bei einem Staatsdiener EU-Kommissar Günther Oettinger zu verzeichnen. Seine Wortwahl, bei der "Talbian-artige Entwicklungen" und die Netzgemeinde in Deutschland in einem Atemzug genannt werden, deutet auf eine Kriminalisierung der Netzgemeinde nur deswegen, weil sie andere Meinung bezüglich der Netzneutralität als der EU-Kommissar haben.

Der Staat, die Wirtschaft, die Künstler versprechen jeder für sich bestimmte Vorteile durch die Expansion in den digitalen Raum. Bedauerlich ist, dass der Staat, die Wirtschaft und die Künstler darauf pochen nur eigene Interessen und Ansichten im digitalen Raum durchzusetzen und versuchen beharrlich die Meinungen der Digital Aborigines, die den Raum bevölkern und diesen Raum auch urbar gemacht haben, zu ignorieren.

Quellen

[1] Warum die Medien für die Gewaltexzesse während der EZB-Eröffnung mitverantwortlich sind?, 21.03.2015 - http://neue-medienordnung-plus.sprechrun.de/?id=2831
[2] Schreiben an die SPD-Landesverbände "Warum die Medien für die Gewaltexzesse während der EZB-Eröffnung mitverantwortlich sind?", 22.03.2015 - http://neue-medienordnung-plus.sprechrun.de/?id=2912
[3] Grundsatzrede des Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz beim Senatsempfang anlässlich des medienDialogHH 2014 am 03.06.2014 - http://www.hamburg.de/contentblob/4322990/data/2014-06-03-mediendialog.pdf